fred
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« am: April 09, 2008, 09:55:06 » |
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Ich möchte hier (und in einem folgenden 2. Teil) gegen Windmühlen kämpfen. Es geht mir um die wenig sinnige Umschrift (oder Transkription) der folgenden Thai-Buchstaben : #3611; (poo plaa) / #3612; (phoo phüng); #3614; (phoo phaan); #3616; (phoo samphao) // #3605; (too tao); #3599; (too patak) / #3606; (thoo thung); ; #3600; (thoo thaan); #3607; (thoo thahaan); #3608; (thoo thong) // #3585; (koo kai) / #3586; (khoo khai); #3588; (khoo khwaai); #3590; (khoo rakhang). Zum Verständnis meiner Argumentation braucht es nun leider einige wenige Grundkenntnisse in Lautlehre (oder Phonetik). Bei Sprenglauten (oder Explosivlauten) wird der von der Lunge herkommende Luftstrom mit einem Verschluss gestoppt, etwa mit den beiden Lippen (bilabial), mit der Zungenspitze und der Rückseite der vorderen, oberen Zähne (labiodental) oder mit dem hinteren Zungenrücken und dem Gaumen (guttural), und danach wieder gelöst. Dabei entstehen knackige Laute, eben die Explosivlaute, wie etwa b, d, g, p, t, k, ph, th und kh, wobei bei der Aussprache (oder Artikulation) von b, d und g die Stimmbänder mitschwingen, es sind stimmhafte (oder sonore) Laute (engl. voiced), bei den restlichen Explosivlauten hingegen nicht, es sind stimmlose (nicht-sonore) Laute (engl. unvoiced). Artikulieren wir p, t und k wie etwa die Anfangslaute in den spanischen Namen Pedro, Teodoro und Carlos, dann strömt nach ihrer Artikulation kein Luftstrom nach : Es sind nichtbehauchte (oder nicht-aspirierte) Laute (engl. non aspirated). Sprechen wir die entsprechenden deutschen Namen aus, also Peter, Theodor und Karl, so strömt nach der Artikulation der Anfangsbuchstaben deutlich Luft nach (bei Theodor sogar orthographisch angedeutet, was früher im Deutschen durchaus normal war, etwa in einem Wort wie Thüre) : Es sind behauchte (oder aspirierte) Laute (engl. aspirated). Auch in germanischen Sprachen gibt es (noch) aspirierte und nicht-aspirierte, stimmlose Sprenglaute, doch haben sie keinen Enfluss (mehr) auf die Bedeutung eines Wortes (sie sind phonologisch nicht relevant), GANZ IM GEGENSATZ ZUR THAISPRACHE. Nehmen wir zunächst aber Beispiele aus dem Englischen, wir leben schliesslich in einer sehr einseitig anglophilen Welt : Engl. pen (mit aspiriertem p) und spear (mit nichtaspiriertem p); engl. time (mit aspiriertem t) und stove (mit nichtaspiriertem t); engl. king (mit aspiriertem k) und sky (mit nichtaspiriertem k). Es gibt viele Gründe, warum sich Englisch ausgesprochen schlecht eignet, um phonetische Transkriptionen fremdschrachlicher Wörter zu machen. Die eben angeführten Beispiele sind einer davon. Wir können pen, time und king nichtaspiriert und spear, stove und sky aspiriert aussprechen; dann wird ein Engländer vielleicht stutzig, aber verstehen wird er uns trotzdem. Vertauschen wir die Aspiration aber im Thai, also etwa thao anstatt tao, khai anstatt kai, oder tung anstatt thung, püng anstatt phüng, dann werden wir schlicht und einfach nicht bzw. falsch verstanden. Daher ist eine klare, aber auch logische Umschrift der thailändischen Sprenglaute so wichtig, und sie muss nicht erst erfunden werden, weil unter den (anerkannten) Fachleuten längst Uebereinstimmung herrscht, in Wörtebüchern aus dem 19. wie aus dem 21. Jahrhundert, von französischen, deutschen, englischen und thailändischen Autoren, bis hin zur Thailändisch-Königlichen Akademie in Bangkok. Nur besserwissende Laien und ein paar unbelehrbare, selbsternannte Professionelle beharren auf seltsamen, persönlichen Umschriften. Nähern wir uns jetzt aber der Thaisprache, allerdings noch mit einem kleinen Umweg über China. Auch die Chinesen (und mit ihnen die westlichen Sinologen) suchten lange nach einer passenden “Romanisierung“ vor allem ihres Mandarin-Chinesischen. Ihre Lösung heisst PINYIN (pin “(richtig) schreiben“ und yin “Laut“). Da im Mandarin-Chinesischen alle Explosivlaute stimmlos sind (Ausnahmen soll es in der Wu-Mundart geben), bot sich hier eine sehr einfache Lösung an. Die aspirierten (stimmlosen) Explosivlaute werden mit p, t und k transkribiert, die nichtaspirierten (stimmlosen) Explosivlaute mit b, d und g. So heisst eine mit den Thais verwandte, tai-sprechende Bevölkerungsgruppe von Südchina Dai. Wir würden sie Tai nennen. Diese Pinyin-Lösung lässt sich aber nicht auf die Thaisprache (oder Siamesisch) übertragen, denn hier gibt es immerhin 8 Sprenglaute : ph, p und b / th, t und d / kh und k. Es fehlt nur das stimmhafte gutturale g. Hätten wir es mit Burmesisch zu tun, dann träfen wir auf diesen Laut g. (Und im Sanskrit und Pali gibt es auch noch die aspirierten bh, dh, und gh und diese erst noch zusätzlich in einer retroflexen Form. Denken wir etwa an die seltsamen Umschriften wie Dharma und Dhonburi oder Bhumipol und Suvarnabhumi). Und jetzt zurück an den Anfang, zu den Thaiwörtern (poo) plaa, (phoo) phüng; (phoo) phaan; (phoo) samphao; (too) tao;( too) patak; (thoo) thung; (thoo) thaan; (thoo) thahaan; (thoo) thong; (koo) kai; (khoo) khai; (khoo) khwaai und (khoo) rakhang. Deutsche und Engländer, aber eben nicht Menschen mit einer romanischen Muttersprache (wie etwa Spanier, Franzosen oder Italiener), sagen sich nun : Bei uns repräsentieren die Buchstaben p, t und k (etwa in Pech, Tuch oder Koch) aspirierte, stimmlose Explosivlaute; also transkribieren wir die die thailändischen aspirierten, stimmlosen Explosivlaute mit p, t und k. In unserer Sprache symbolisieren die Lettern b, d und g nichtaspirierte, stimmhafte Explosivlaute, folglich stellen wir die thailändischen nichtaspirierten, stimmhaften Explosivlaute (soweit vorhanden : g fehlt ja im Thai) mit b und d. Und jetzt wird es schwierig. (2. Teil folgt, ob es Euch passt oder nicht.) – Fred. Wie umschreiben wir die thailändischen nichtaspirierten, stimmlosen Explosivlaute, für die es im Deutschen, zum Unterschied des Thai, keine speziellen Buchstaben gibt. Nun wird gemischt und gepanscht. Ein thailändisches #3611; (poo plaa) ist ein stimmloser bilabialer Laut wie das germanische p; also transkribieren wir #3611; (poo plaa) mit p. Nun ist das germanische p aber aspiriert, das thailändische #3611; (poo plaa) hingegen nichtaspiriert, in dieser Beziehung dem germanischen b ähnlich; kurz entschlossen wird dem p noch ein b vorangestellt, also : bp, 2 Buchstaben (und keine Firmenabkürzung), die man eigentlich so kombiniert kaum lesen kann. Es gilt also zu wissen : bp ist bilabial, nichtaspiriert wie das 1. Element (aber dennoch nicht stimmhaft) und stimmlos wie das 2. Element (aber dennoch nicht aspiriert). Das gleiche Vorgehen gilt nun für die labiodentale Entsprechung : t und dt und d. Logischerweise müsste es nun auch heissen : k und gk. (Diese wenigstenes konsequente Lösung findet man im Thai-Englisch Dictionary von George Bradley McFarland, Erstausgabe 1941). Den meisten Nachfolgern von McFarland ist aber eingefallen, dass ja der Buchstabe g, den es, wie erwähnt, für das Thai nicht braucht, eigentlich noch zur freien Verfügung stand. Also umschreiben sie den stimmlosen Sprenglaut #3585; (koo kai) mit diesem überflüssigen g; g ist zwar eigentlich stimmlos, aber doch wenigstens auch nichtaspiriert. Fertig. Dieses Transkriptionssystem, so holperig und so inkonsquent (mit bp und dt, dann aber g) beruht auf deutschem und englischem Orthografiegefühl; gute Umschriften sollten aber nicht national, sondern möglichst neutral sein, damit sie auch für Anderssprachige für andere Sprachen auch verwendet werden können. Deshalb wurde schon vor Jahren das IPA (das Internationale Phonetische Alphabet) ausgedacht, das selbstverständlich die hier interessierenden Laute klar und logisch wie folgt wiedergibt : ph, th, kh, p, t, k, b und d. Aber schon 1896 verwendete D.J.B. Pallegoix in seinem Siamese French Englisch Dictionray die gleiche Umschrift. Im nach wie vor unverzichtbaren Standardwerk von Mary R. Haas, dem Thai-English Student's Dictionary (1964) finden wir das gleiche System. Dasselbe gilt für die meisten neueren Wörter- oder Sprachbüchern, insofern diese die Aussprache überhaupt berücksichtigen. Auch die Professorin der Ramkamhaeng-University in Bangkok (und Gastdozentin an der Northern Illinois University, USA), Nitaya Kanchanawan, gibt in ihrem Learning Thai, 2nd edition (2005) die Aussprache von Thaiwörtern auf diese Weise wieder. Auch Josef Rohrer verwendet diese Transkriptionsform in all seinen Wörterbüchern, so in seinem 2007 herausgegebenen Thai-English-German Dictionary, mit 2333 Seiten Umfang und sicher ein neues Standardwerk. Wirote Aroonmanakun, Professor für Linguistik an der Bangkoker Chulalongkorn-Universität erarbeitete ein Computerprogramm zum automatischen Romanisieren von Thai-Wörtern (im Internet frei herunter zu laden) mit unserem “ph p b“ – System. Und last not least, kennt auch das RTGS nur dieses Schreibweise. RTGS steht für Royal Thai General System für Transkription von Orts- und Strassennamen. Es wurde vom Königlichen Institut in Bangkok 1954 erarbeitet und hat durchaus seine schwachen Seiten. So wurde auf alles verzichtet, was als sekundär angesehen wurde, etwa die Unterscheidung von kurzen und langen Vokalen oder von offenen und geschlossenen o. Aber der Gegensatz aspiriert / nichtaspiriert wurde als wichtig eingestuft und beibehalten : also ebenfalls “ph p b“. In den 60er Jahren hat die thailändische Regierung das RTGS offiziell übernommen, ohne allerdings bei der Durchsetzung allzu viel Druck auszuüben. So wurde eine Stadt in der Provinz Chiang Rai für Ausländer sinnvoll und lesbar Suvannaphum genannt, ein halbes Jahrhundert später fiel man wieder in alte Sünden zurück und nannte den neuen Flughafen Suvarna Bhumi. Ich mache mir keine Illusionen : Mein Gefecht mit den Windmühlen wird wenige oder niemanden umstimmen, aber es musste einfach einmal raus. – Fred.
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